Warum Kuckucksmarkt?

Wäre die Geschichte nicht mit Namen und Jahreszahl verbürgt, man könnte sie als einen Schildbürgerstreich abtun. Das redende Wappen jedenfalls weist auf den Namen und seine sichtbare Deutungsmöglichkeit hin. Im Schild springt ein schwarzer Eber über einen blauen Bach, Eberbach halt.

Warum aber auch Kuckuck und vor allem Kuckucksmarkt?

Dies geschah so: im Jahre 1604 lebte zu Eberbach der angesehene Physikus und Mediziner mit Namen Hans Mantel. Er war ein Homöopath und suchte aus der Apotheke seine Heilkräuter, die er zu allerlei Mixturen brauchte. Daneben war er auch ein Gourmet, der mit großem Eifer der Vogelstellerei nachging, seine Schlingen und Fangnetze auslegte, in denen sich Finken und Drosseln verfingen. Diese verspeiste er mit Wohlbehagen. Eines Tages allerdings hatte er in seinem Netz einen besonders großen Vogel.

Mantel nahm ihn heraus und stellte fest, daß es die seltene Art des Cuculidae war, genauer ein Cuculus canorus, also ein Kuckuck oder im Volk genannt Gutzgauch. Da Mantel gerade auf einem Gang zu einem Kranken im jenseitig des Neckars gelegenen Wimmersbach war dachte er, der Leonhard Schäfer dort wird ihn schon zubereiten können. Als Mantel den taubengroßen Vogel auf den Tisch legte, kamen ein paar Neugierige hinzu, vor allem aber einer aus Eberbach, Küfer Martin am Endt der durch seine vorlauten Reden schon immer aufgefallen war. Als der Eberbacher nun sah, was vor ihm lag, meinte er, der müsste ja besonders gut schmecken, Mantel sagte, schalkhaft grinsend: „Wenn ihr gut bezahlt, warum nicht, ihr sollt ihn haben."

Und so geschah es. Leonhard Schäfer richtete den Braten, Mantel kassierte den Lohn und der Eberbacher schmauste mit Lust und Vergnügen. Ein Wimmersbacher, dem bei Duft und Anblick des gebratenen Vogels das Wasser im Munde zusammenlief, wollte wissen, was denn das für eine köstliche, delikate Speise sei, die der Eberbacher so sichtlich zufrieden verspeise.

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„Da habt ihr, Doktor, ja eine besonders große Taube im Netz gehabt!" Hans Mantel lachte, winkte ab: „Taube? Was der Eberbacher da gerade mit dem letzten Bissen verdrückt, das war ein Kuckuck, ein ganz normaler Gutzgauch! Ein Lachen brach los. Dem Eberbacher blieb der letzte Rest vom so gut schmeckenden vermeintlichen Täubchen fast in der Kehle stecken. Und wie es eben so kommt, der den Schaden hatte, braucht um den Spott sich nicht zu kümmern. Immer wenn die Wimmersbacher einem Eberbacher begegneten riefen sie hinter her: „Kuckuck, Kuckuck." Deshalb blieb der Name an den Eberbächern hängen. Und sie ärgerten sich keineswegs. Im Gegenteil! Dies beweist der alljährliche Kuckucksmarkt, zu dem sie viele Gäste in die Stadt laden und so aus dem vermeintlichen Schimpfnamen reichlich Kapital zu schlagen verstehen.

Quelle:
Zu den historischen Fakten vgl. Eberbacher Geschichtsblatt Folge 104 (2005), S. 51-60 und Eberbacher Geschichtsblatt Folge 103 (2004), S. 77-92