2022
Den Kuckucksmarkt-Flyer 2022 (1,2 MB) können Sie hier herunterladen
Zum 85. kommt wieder ein Riesenrad.
Pech des Nostalgie-Rads wird zum Glücksfall: Eberbacher Kuckucksmarkt bekommt mit dem „Colossus“ seinen Blickfang
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Mittwoch, 3. August 2022. Von Peter Bayer
Es war für Bürgermeister Peter Reichert ein besonderer Pressetermin am gestrigen Nachmittag im Rathaus. Nach zwei Jahren Pause wird es vom 26. bis 30. August endlich den 85. Eberbacher Kuckucksmarkt geben. Mit über 100 Schaustellern und Händlern wird er wieder ein Anziehungspunkt für viele Besucher aus Nah und Fern sein. Optischer Anziehungspunkt wird das 35 Meter hohe „Colossus“ mit seinen 26 Gondeln sein. Zum ersten Mal seit 2008 gibt es wieder ein Riesenrad auf dem Festgelände in der Au.
Drei Zelte, fünf Ausschankbetriebe, acht Fahr- und Laufgeschäfte, zwölf Eis und Süßwarenstände, vierzehn Imbissbetriebe, neun Spiele- oder Verlosungsstände sowie rund fünfzig Händler und Aussteller warten auf dem rund 22 000 Quadratmeter großen Festgelände auf möglichst viele Besucher. Dabei wurde versucht, so gut wie möglich jene Schausteller zu berücksichtigen, die 2020 oder
2021 bei den letztlich wegen der Corona-Pandemie abgesagten Veranstaltungen gekommen wären, so KTS-Leiter Tobias Soldner. Dies sei aber nicht immer möglich gewesen, auch bei den Schaustellern und Händlern hätte Corona Spuren hinterlassen. Angestammte Geschäfts hätten zum Teil aufgegeben, so dass deutlich weniger unterwegs seien.
Erst letzte Woche sei die Planung abgeschlossen worden, informierte Soldner. Alle großen Plätze seien voll. Das Nostalgie-Riesenrad wird es in diesem Jahr nicht geben, weil der Motor kaputt ist. Des einen Pech, ist in dem Fall des anderen Glück. Auf eine Anzeige meldete sich die Firma Göbel aus Worms. So wird sich gegenüber dem Festzelt nach 14 Jahren erstmals wieder ein Riesenrad auf dem Kuckucksmarkt drehen. Daneben gibt es noch sieben weitere Fahrgeschäfte wie den Musikexpress „Starlight oder „The Shake“. Für die Jüngeren gibt es die Kinderwelt, die Kinderachterbahn „Crazy Jungle“ oder den Babyflug „Kindertraum. Fehlen darf natürlich nicht der Autoscooter.
Für Stimmung wollen an allen fünf Tagen verschiedene Musikgruppen in den drei Zelten – Festzelt, Mostzelt und Cha-Cha – sorgen. Damit die Kleinen in dem ganzen Trubel den Eltern nicht verloren gehen, gibt es wieder den „Kinderfinder“. Die Armbänder werden im Marktbüro ausgegeben. Als Souvenir gibt es in diesem Jahr den zweiten von drei Teilen des Werbemotivs des ersten Eberbacher Kuckucksmarkts, der Pin ist limitiert auf 500 Stück. Er ist zum Preis von zwei Euro im Marktbüro oder vorab bei der Tourist-Info erhältlich.
Das große Eberbacher Volksfest beginnt am Freitag, 26. August, mit einem Familiennachmittag. Von 15 bis 19 Uhr bieten viele Fahrgeschäfte vergünstigte Fahrpreise, Spielstände locken mit Sonderaktionen und bei manchen Händlern winken attraktive Schnäppchen. Um 18 Uhr eröffnet Bürgermeister Peter Reichert mit dem traditionellen Fassanstich den 85. Kuckucksmarkt. Die ersten 1000 Besucher können sich über einen Gutschein für ein Freigetränk freuen.
Am Montag ist der „Tag der Betriebe“, um 14.30 Uhr beginnt das Kinderfest im Stadion in der Au,um19Uhrsteigt im Mostzelt Lungos Karaoke Party mit DJ Miron G. Der Dienstag beginnt mit der
Fleckviehrinderschau, bei der sich Landwirte aus der Umgebung treffen, um die besten Rindviecher auszeichnen zu lassen. Von 12 bis 16 Uhr gibt es den Seniorennachmittag im Festzelt. Das Brillant-
Höhenfeuerwerk läutet um 22 Uhr dann so langsam das Ende des 85. Kuckucksmarkts ein.
Um bequem zum Festgelände und wieder zurück zu kommen, richten die Stadtwerke Sonderbusfahrten ein, wobei das 9 Euro-Ticket anerkannt wird. Während für das Ruftaxi nach Waldbrunn eine Haltestelle am Festgelände eingerichtet wird, gibt es die Buslinie von und nach Schönbrunn wegen Krankenstand und Personalnot voraussichtlich nicht.
Eine besondere Aktion kündigte Roland Brandt von der Brauerei Distelhäuser an. Bei zehn Getränkefachhändlern ringsum werden jeweils zehn Weißwurstfrühstücke am Sonntag für zwei Personen verlost.
Zwei „Neue“ unter den acht Fahrgeschäften
Der Kuckucksmarkt wartet mit einer Vielzahl an Fahrmöglichkeiten auf – Klassiker wie der Autoscooter sind natürlich wieder dabei
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Samstag, 13. August 2022. Von Peter Bayer

Acht Fahrgeschäfte gibt es auf dem 85. Eberbacher Kuckucksmarkt, der vom 26. bis 30. August auf dem Festgelände in der Au stattfindet. Zwei davon sind dieses Jahr zum ersten Mal dabei: Das ist zum einen das Riesenrad „Colossus“ der Firma Göbel aus Worms. Gemächlich dreht sich das Rad gegenüber dem großen Festzelt. Bei einer Gesamthöhe von35Metern hat man aus den 26 Gondeln einen herrlichen Blick auf das Festgelände und die Umgebung. Dann ist zum anderen das kleine Kinderkarussell „Kindertraum“ von Sascha Schickler (Oberursel) neu, einige dürften es freilich vom Eberbacher Frühling kennen.
Die bekannte Berg- & Talbahn, der Musikexpress „Starlight“ von Marco Beinhorn (Göttingen) ist auch dieses Jahr wieder in Eberbach. Genauso wie „The Real Shake“, das spektakuläre Rundfahrgeschäft mit Überschlag, von Thomas Blum (Heidelberg).
In der „Kinderwelt“, dem Fahrgeschäft für die Kleinen von Wilhelm Henn (Kaiserslautern) dürfen die Kinder ihre Runden im Stapler, Kranwagen, Feuerwehrauto oder Hubschrauber drehen. Der „Crazy Jungle“, die Kinder-Achterbahn von Tanja Luxem aus Euskirchen, kommt mit extra langer Fahrbahn, vielen lustigen Dschungeltieren und Leo, dem sprechenden Löwen. „Hoch hinaus“ geht es mit dem „Babyflug Kindertraum“ von André Roder (Karlsruhe).
Nicht fehlen darf der Autoscooter „Scooter World“ der Familie Kauffmann aus Bopfingen. Er ist natürlich der Treffpunkt für die Jugend. Auf einer Fahrbahnfläche von fast 300 Quadratmetern und mit heißen Sounds ist er auch dieses Jahr Garant für jede Menge Spaß und Unterhaltung auf dem Kuckucksmarkt.
Kuckucksmarkt einst Spaß auf breiter Neckarfront
Mit dem 85. Markt in diesem Jahr wird am dritten Standort gefeiert – Unterbrechung im Zweiten Weltkrieg und in der Corona-Pandemie
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Dienstag, 16. August 2022. Von Rainer Hofmeyer

Jetzt, wie immer am letzten Wochenende im August: Die Eberbacher und das Umland feiern den 85. Kuckucksmarkt. Das beliebte Volksfest für Groß und Klein. Zum ersten Mal veranstaltet 1929 unter dem damaligen Bürgermeister Karl Frank, mit Pausen während des Zweiten Weltkrieges und der aktuellen Corona-Pandemie. Heute in der Au, ist das Fest inzwischen an seinem dritten Standort.
Bis zum Bau der Uferstraße B 37 machte sich der Kuckucksmarkt im wahrsten Sinne auf dem Lauer breit, auf dem flachen Ufergelände zwischen der erhöhten Altstadt und dem Neckar. Vom riesengroßen Festzelt über Box-Buden, aus Tannenstämmen gezimmerten Bier und Weinbuchten bis hin zu Geisterbahn und großem Riesenrad – alles vollständig vertreten, was einen prächtigen Jahrmarkt ausmacht.
Nach Bau der B 37 als Eberbacher Umgehungsstraße (die Fernstrecke ging vorher über Friedrich-Ebert-Straße, Friedrichstraße und Bahnhofstraße) folgte 1958 der Umzug in die Stadt, unter der Regie von Bürgermeister Dr. Hermann Schmeißer. Das große Festzelt fand zuerst auf dem Turnplatz bei der Neckarbrücke seinen neuen Platz. Die Fahrgeschäfte wurden überwiegend im Hof der Dr.-Weiss-Schule aufgebaut. Damals passten noch die festen Ferienzeiten der baden-württembergischen Schulen, und der Schulhof war stets zum Kuckucksmarkt frei.
Eberbach selbst hatte drei Schausteller, die den Kuckucksmarkt beschickten. Heil, Frank und Retzbach: Autoscooter, Schießbude und Verlosung wurden von diesen heimischen Unternehmen im jährlichen Wechsel betrieben. Eine weitere rein Eberbacher Attraktion war das Weinzelt von Küfer Helm mit seinem selbstgebauten Weinbrunnen. Im großen Zelt floss das „Eberbacher Rosenbräu“
– Ehrensache.
Eberbachs Neckarfront vor der Stadtmauer bot auch am zweiten Standort des Kuckucksmarktes ein illustres Bild. Lichterketten und Verkaufsbuden strahlten ein angenehmes Licht. Auf der gegenüberliegenden Neckarseite blinkte eine Leuchtreklame ihr doppeltes „Kuckuck“ in die Dunkelheit. Eine besondere Attraktion waren die zahlreichen Verkaufsbuden zwischen der damaligen
„Krone-Post“ und der Neckarbrücke. Damals gab es sogar noch einen „billigen Jakob“. Das Einkaufspublikum, vornehmlich vom Winterhauch (heute: Hoher Odenwald), bevölkerte Eberbach vor
allem am stets verkaufsoffenen Kuckucksmarkt-Sonntag.

Das Festprogramm hat jahrzehntelange Tradition. Freitags Eröffnung mit Fassanstich im Festzelt. Vorher gab es immer eine Prominenten-Prozession durch die Altstadt, vom Kurhaus zum Zelt bei der
Brücke. Die Honoratioren aus Stadt, Kreis und Land zeigten sich dem Publikum in einem Zug. Musikalisch begleitet von Eberbacher Kapellen, dem Fanfarenzug und der Katholischen Jugendmusik.
Sonntags stets Frühschoppen mit Kapelle. Montags Kinderfest, schon damals in der Au. Sackhüpfen, Eierlaufen, Baumklettern – wie heute. Eine mehr oder minder sportliche Attraktion ist ausgefallen:
Früher trafen sich montags immer die Stadtvertretungen von Eberbach („Kuckucke“) und Michelstadt („Bienen“) zum Fußball-Wettkampf im Stadion in der Au. Städtische Mitarbeiter und Stadträte kickten hier so gut es ging.
Jahrelang als Quelle für gemeinnützige Einnahmen: Besonderen Einsatz der Stadtverwaltung zeigte sich in einer städtischen Losbude. Anfangs 50, später 75 Pfennig kostete ein Glücksbon. Immerhin gab es vom Mofa bis zum Fernseher so einiges Wertvolles zu ergattern, gestiftet von der heimischen Wirtschaft. Der Erlös kam Altersheim, Hallenbad oder den Sportstätten zugute.
Dienstags zum Abschluss stets das große Brillant-Feuerwerk. Tausende standen wie heute an der Bundesstraße und warteten darauf, dass die „Kuckuck-Kuckuck“-Leuchtreklame ausging. Stets fünfzehn Minuten lang war dann der bunte, krachende Feuerzauber.
Noch einmal gerückt wurde nach dem Bau der Turnhalle der Dr.-Weiss-Schule. Das Festzelt ging eine Etage tiefer in den Schulhof. Die Fahrgeschäfte wichen auf den Parkplatz Grüner Baum und den Leopoldsplatz aus. Rund 2000 Gäste hatten beim berühmten Festwirt Paul Langlotz einen Sitzplatz. Anfangs floss nur das „Eberbacher Rosenbräu“ im Zelt, vertraglich garantiert. Dann übernahm die Heilbronner Cluss die Knauber-Brauerei. Und die Eberbacher hatten einen Genuss aus der Heimat weniger.
Der Rückbau des Hochwasserleitdammes an der Brücke brachte zwar vorübergehend noch etwas zusätzliche Fläche. Die Rücksichtnahme auf die dann rollierenden Schulferien sorgte aber für weitere Probleme. Lagen die Ferien in Baden-Württemberg nicht günstig zum August-Ende, stand der Schulhof nicht zur Verfügung.
Das große Stadtfest zum 750. Eberbacher Jubiläum im Jahre 1977 fand so großen Anklang, dass man auf neue Ideen kam. In der Innenstadt platzte der Markt aus allen Nähten. Stellflächen für Fahrgeschäfte gab es kaum. Ausdehnungsmöglichkeiten für den Kuckucksmarkt gab es in der Au genug. Und Alt- und Innenstadt wurden eben im Gegenzug die geeigneten Kulissen für den neu geschaffenen „Eberbacher Frühling“. Im Jahr 1981 zog der Kuckucksmarkt auf die andere Neckarseite, dieses Mal verantwortet von Bürgermeister Horst Schlesinger. Da kam auch wieder ein Riesenrad, heute Objekt von Sehnsüchten und Diskussionen.
„Hochleistungssport“ vorm Startschuss
Ein reibungsloser Ablauf des Kuckucksmarktes erfordert viel Arbeit, gute Nerven und manchmal etwas Improvisation
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Freitag, 26. August 2022. Von Moritz Bayer

Am Donnerstagvormittag wirkt Tobias Soldner entspannt. „Das war vor einigen Tagen noch ganz anders“, lässt der Eberbacher Abteilungsleiter für Kultur, Tourismus und Stadtinformation grinsend durchblicken. „Die letzten zwei Tage war hier Hochleistungssport, das kann man schon so sagen.“ Wenn der Kuckucksmarkt heute eröffnet wird und die Massen zu den Fahrgeschäften, Ständen
und Zelten strömen, sehen sie das fertige Ergebnis. Soldner hat den Blick hinter die Fassaden und weiß: „Hinter jedem Stand steckt noch ein ganzer ’Anhänger’ an Material, Personal und Aufwand.“
Warum drei Personen aus dem Team hier zuletzt Zwölf-Stunden-Schichten schieben mussten, erklärt Soldner gerne: „Viele Absagen seitens der Schausteller kamen für uns auf den letzten Drücker.
Die Gründe sind verständlich, das meine ich daher nicht vorwurfsvoll, aber der Montag und Dienstag waren dann halt von der Suche nach Ersatz geprägt, da ging es richtig rund.“ Etwa 50 Meter an Ständen wurde kurzfristig frei, das ist mehr als das Doppelte, eher Dreifache, wie in früheren Jahren der Fall war. Die Probleme sind nicht exklusiv nur bei Schaustellern zu verorten. „Die ganze Gastronomie ächzt ja unter Personalnot“, führt Soldner aus. Ebenso haperte es teilweise an Auf- und Abbauhelfern, die häufig natürlich keine Festanstellungen haben. Zudem haben sich während der Coronapandemie viele Saisonkräfte andere Jobs gesucht und sind nur schwer „zurückzubekommen“.
Also liefen die Leitungen heiß, um spontan Ersatz zu bekommen. Dabei halfen Marktleitung und Schausteller zusammen, niemand soll in der Haftung für einen leer stehenden Slot stehen müssen.
Denn die Schausteller haben entsprechende Verträge. Zudem muss bei der Neubesetzung die Größe und Länge des Ersatzes ja auch in die entstandene Lücke passen. Hilfreich war das Know-How
und die gute Vernetzung der Schausteller untereinander. „Die wussten teilweise genau, wer gerade kann und wo man es telefonisch zuerst versuchen sollte“, freut sich der Planungschef. Letzten Endes
wurden alle Lücken geschlossen und der Kuckucksmarkt kann mit voll ausgelasteter Kulisse beginnen. Da aber gerade die durcheinandergewirbelten Teilplanungen neue Anschlüsse für Strom und
Wasser nötig machten, musste manchmal etwas improvisiert werden. „Zusammengefasst war hier eigentlich alles, was die Stadt über Bauhof und Stadtwerke zur Verfügung hat, im Einsatz“, so Soldner.
Freilich gibt es noch viel mehr, was die Feiernden nicht sehen – und im Idealfall auch gar nichts davon mitbekommen. Aufgrund der vergangenen Terroranschläge wie beispielsweise in Berlin 2016
muss für Veranstaltungen wie den Kuckucksmarkt ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept vorgelegt werden. Polizei, Ordnungsamt und von der Stadt extern angeheuerte Security-Unternehmen arbeiten hier Hand in Hand. Neben Kontrollgängen gibt es an den wichtigsten Ein- und Ausgängen auch stichprobenartige Taschenkontrollen. Gläser dürfen nicht auf das Gelände oder von dort weggebracht
werden. Beblümte Betonklötze verhindern unbefugte Einfahrten mit dem Auto. Diese können bei Bedarf elektrisch versetzt werden. Dass die Straßen und Rettungswege breit genug sind, hat die Feuerwehr mit einem Einsatzfahrzeug getestet.

Nachts brennt durchgängig an zwei zentralen Stellen eine Sicherheitsbeleuchtung. „Nicht nur die Gäste, auch die Schausteller sollen sich wohl und sicher fühlen“, betont Soldner. Und das sind nicht wenige. „Bei rund 100 Schaustellern hängen jeweils noch eine Menge Leute mit dran. Geschäft, Wohnwagen, teils Packwagen und Mannschaftswagen ... Da kommt ganz schön was zusammen“.
Einen optimalen Überblick bietet das Colossus-Riesenrad. Für Soldner dreht es eine Testrunde – natürlich erst, nachdem Sicherheits- und Sauberkeitscheck durchgeführt waren. Von oben wird klar: Soldners Beispiel mit den Anhängern hinter jedem Schausteller kann absolut wörtlich genommen werden. Bei so vielen Dingen, die es im Überblick zu halten gilt, ist jede Hilfe recht. Für Soldner ist auch die unermüdliche Laura Leitner im Einsatz. Die FSJlerin, seit September 2021 bei der Stadt Eberbach, hat während der Ferienzeiten Kapazitäten frei und unterstützt, wo sie nur kann. Vor allem bildliche Dokumentation liegt ihr – Riesenräder weniger.
Dafür ist auch Leitner nun klarer, was so ein Kuckucksmarkt alles mit sich bringt: „Es ist spannend, zu sehen, was alles dahinter steckt. Bisher kannte ich den Markt ja nur als Gast.“ Nicht ohne Stolz kann sie ihn nun vielleicht noch etwas mehr genießen, denn in einer Sache sind sich Soldner und Leitner sofort einig: „Es war und ist anstrengend, aber macht insgesamt auch einfach richtig Spaß!“
Dieser „Supersamstag“ wirkte nach
Beim Kuckucksmarkt herrscht ausgelassene Stimmung von früh bis spät—das merkt man teils noch am Morgen
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Montag, 29. August 2022. Von Moritz Bayer

Sonntag, 11 Uhr: Ein gemütlicher Rundgang erscheint mir als Eberbacher Neuling angesichts von angenehmen 24 Grad optimal als Einstieg. Frühschoppen steht auf dem Programm, also geht es nach kurzer Stärkung mit Feuerwurst Richtung Mostzelt und Festzelt. Dort ist jeweils noch gar nicht allzu viel los, aber das hat Gründe, wie ich erfahre: Auf dem Eberbacher Kuckucksmarkt kann man gut, lange und ausgelassen feiern — soweit noch keine neue Erkenntnis. Aber am Samstag war selbst für partyerprobte Eberbacher die Hölle im positiven Sinne los. Chefplaner Tobias Soldner bringt es auf den Punkt: „Die Hütte hat gebrannt.“ So sehr, dass der traditionelle sonntägliche Frühschoppen eben etwas länger als gewöhnlich braucht, um richtig in Schwung zu kommen. Letzten Endes funktioniert aber auch das, und für den ein oder anderen heißt es dann eben nach längerer Pause: Weiter geht’s!
Die Musik ist schon zu hören, deutlich bevor man ihn sieht: Unverdrossen steht Werner Schifferdecker am E-Piano und lässt Klassiker wie „Ich war noch niemals in New York“ durchs Mostzelt ertönen. Sitzplätze gibt es noch etwa die Hälfte, lange anstehen muss hier auch niemand. „Ein bisschen mehr Betrieb hätten wir uns bisher erhofft, aber der Frühschoppen läuft ordentlich“, erklärt Markus Scheurich, Vizepräsident der veranstaltenden KG Kuckuck. Die Erklärung hat er auch direkt parat: „Gestern hat das Festzelt mit Barbed Wire schon einen Volltreffer gelandet, das hat die Leute einfach extrem angezogen.“

Dass es noch relativ ruhig ist, kommt andererseits auch manchen Besuchern zugute: „Wir wollen das gar nicht so laut, so grade ist total super“, erklärt Hilde Inning. Die Rentnerin kommt mit ihrem
Mann nicht selbst aus Eberbach, aber plant einen Besuch fast jedes Jahr mit ein, wenn es geht. Zwischen den Liedern spendet sie kräftig Applaus, Schifferdecker bedankt sich und nickt uns zu.
Das Publikum musste nach diesem Samstag vielleicht wirklich nur etwas länger ausschlafen, denn zwischen halb zwölf und zwölf füllen sich die Zelte schneller, als mein Radler sich leert. Die Trachtenkapelle Mückenloch heizt im großen Festzelt ein und kitzelt mit den Mitmachliedern „Rock mi“ die Leute endgültig wach. Meine neuen Sitznachbarn Patrick, Thomas und Jana sind hoch motiviert dabei—das macht durstig. Schön finde ich, genau wie die Drei, dass die Gläser hier keinen Pfand kosten. Dafür wird am Ein- und Ausgang des Kuckucksmarktes auf Gläser kontrolliert.

Um halb eins müsste man sich umschauen, um noch einen Sitzplatz zu ergattern, jedenfalls im Zelt. Draußen, im Biergarten kann man problemlos frische Luft schnappen und Kuckucksmarktfeeling von allen Seiten genießen. Denn dass die Partystimmung wieder nach oben geht, merkt man minütlich. Gesprächsfetzen wie „Das war krank gestern“, „Was ne Stimmung“, oder „Ich hab ne Fahne wie ein Patriot“ lassen mir bildliches Kopfkino vorm Auge entstehen, dass die Nacht von Samstag auf Sonntag eine sehr kurze gewesen sein muss. Mittlerweile finde ich die Marktfülle zur Mittagszeit umso respektabler. Im Biergarten haben sich auch Tobias Soldner, Platzmeister Alexander Henk und Soldners Stellvertreter Bernhard Walter zu einer Erfrischung zusammengefunden. Letzterer wird heute Abend seinen großen Auftritt bei „Lungo’s Karaokeparty“ haben. Gerüchten zufolge gibt es dort weitreichende Neuigkeiten zu verkünden ...
„Der Auftakt am Freitag war ein kleines bisschen verhalten, aber seitdem geht es richtig ab. Wir sind super zufrieden, so kann’s weitergehen“, zieht Soldner ein zwischenzeitliches Fazit nach der Kuckucksmarkt-Halbzeit. Und wie beim Frühschoppen scheint sich ja dann zu bewahrheiten: Kurze Pausen bedeuten eine Rückkehr mit umso größerem Elan.
Schmecken lassen
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Montag, 29. August 2022. Von Jutta Biener-Drews

Gegrilltes, Gebackenes, Gebratenes, Fisch, Fleisch, Maiskolben und natürlich Pommes: Der Kuckucksmarkt bietet alles, was Jahrmarktgästen das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Selbstverständlich kommen auch Schleckermäuler nicht zu kurz. Wobei die Standbetreiber gerne noch eine Schippe drauflegen würden. Ein Zuckerwatteverkäufer gab am Samstag an, nur ein Drittel
seines Vor-Corona-Absatzes in Eberbach zu erzielen.
„Die Leute freuen sich, dass wir wieder da sind“
Nach zwei Jahren Pause herrscht reger Betrieb auf dem Kuckucksmarkt – Einige Stände haben sich Stammkundschaft aufgebaut
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Diensttag, 30. August 2022. Von Moritz Bayer

Alt und Jung, Groß und Klein: Auf dem Kuckucksmarkt kommen Menschen aller Art zusammen, um zu essen, zu trinken, zu feiern oder einfach nur die Geselligkeit zu genießen. Dementsprechend groß ist auch die Vielfalt der angebotenen Stände und Fahrgeschäfte. Während Letztere sich an durchweg großem Andrang erfreuen, läuft das Geschäft für andere Händler bisweilen verhalten. Wir haben Stimmen vom Markt gesammelt.
Beim Autoscooter herrscht morgens noch Ruhe, vereinzelte Fahrten ergeben dafür beispielsweise die Chance für Familien: „So fährt mein kleiner Sohn mit, bei Andrang wie abends meist wäre das noch zu viel Trubel für ihn“, freut sich ein Vater. Mittags bis abends wird es schnell voller, der Scooter ist traditioneller Treffpunkt für zahlreiche Jugendliche. Der Inhaber ist zufrieden: „Vom Betrieb her können wir uns nicht beschweren, das ist gut was los. Das haben wir aber auch erwartet und gehofft. Ein bisschen ist der Zulauf vielleicht wegen der zwei Jahre Pause gewachsen, aber der war ja auch davor schon groß.“

Erfreut ist man auch bei Galle’s Pusher Palace. Der römische Legionär als Blickfang am Eingang sieht imposant aus, wäre aber gar nicht nötig: „Die Leute freuen sich, dass wir wieder da sind. Es ist unser viertes Jahr und wir haben – neben der Laufkundschaft – schon eine kleine Stammkundschaft hier gewonnen, das ist sehr schön!“
Zuckerwatte scheint dafür dieses Jahr nicht gutzugehen, die Verkäuferin spricht von einem Drittel früher verkaufter Mengen. Gewürze auf der anderen Seite haben Hochkonjunktur: Reiner Lautenbach hat, zusammen mit Frau Heidi, gut Lachen: „Die Leute wollen unsere Produkte und wissen, dass hier top Ware verkauft wird. Aber zusätzlich wurde der zweite Gewürzhändler auch krank, so haben wir
jetzt natürlich eine Art Monopolstellung. Wir arbeiten mit Kräuterbauern direkt zusammen, Corona hat uns zu mehr Flexibilität gezwungen. Das klappt aber sehr gut, da kann ich wirklich froh sein.“ Die
Auswahl ist zu groß, dass man Gefahr liefe, nichts Neues finden zu können. Eine Gemüsewürzmischung aus Knoblauch, Karotte, Sellerie und vielem mehr verfeinert in Zukunft auf die Beilagen der
Zeitungsredaktion.

Blechschilder sind Sammlerstücke, man liebt sie, oder man kann mit ihnen wenig bis nichts anfangen. Über ein paar Liebhaber solcher Schilder würde sich die Firma Friedrich freuen. „Es ist derzeit etwas schwierig, aber nicht nur in Eberbach. Das ist ein generelles Problem. Dazu kommen weite Anfahrtswege, ich komme aus den Niederlanden“, gibt Inhaber Friedrich zu bedenken. Vielleicht
schlägt ihm auch die Auswahl des Onlinehandels ein Schnippchen, was schade wäre. Denn bei genauer Betrachtung ist nicht nur die Qualität hoch, sondern auch die Preise günstiger als bei vielen
Internethändlern oder Läden, die sie sonst veräußern.
Freudestrahlend spielt Werner Schifferdecker im Mostzelt Fetenhits am EPiano. Dass das große Festzelt zumindest Samstag die Feieradresse Nummer ein gewesen ist, stört ihn nicht. Immerhin hat der Routinier auch drei Auftritte solo zu absolvieren: Samstagabend, Sonntag früh und abends. Ruhigere Phasen stören daher nicht. Außerdem kann er so ein bisschen leichter nach den Gästen richten, was das Publikum zu schätzen weiß: „Der geht total aufs Publikum ein, das ist einfach gut gemacht“, freut sich Hilde Inning, die mit ihrem Mann in der ersten Reihe sitzt.
45 Kühe aus sechs Ställen zur Zuchtschau aufgetrieben
Traditionsgemäß am Kuckucksmarkt-Dienstag schlug in der Au die Stunde der Fleckviehrinder aus der Region
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Mittwoch, 31. August 2022. Von Marcus Deschner

Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause fand gestern in der Au neben dem Kuckucksmarkt-Festgelände wieder eine Fleckviehrinder-Zuchtschau statt. Organisiert worden war die Traditionsveranstaltung wieder von der Landwirtsfamilie Heß aus Schönbrunn gemeinsam mit der Rinder-Union Baden-Württemberg mit Sitz in Herbertingen sowie der Stadt Eberbach. Ein halbes
Dutzend Landwirte aus der Gegend trieb 45 Stück Rindvieh auf.
Alles begann nach der Begrüßung der Bauern und der dieses Jahr sehr vielen Zuschauer recht gut. Bis im fünften Ring eine Kuh buchstäblich die Nerven verlor und sich von ihrem sehr erfahrenen Tierführer losreißen wollte ( siehe nebenstehenden Bericht). Daraufhin wurde die Fortsetzung der Schau nach kurzer Beratung zwischen den Verantwortlichen abgesagt. Wie Michael Schmidt von der
Rinderunion Baden-Württemberg, der mit seiner Kollegin Christina Rupp von Herbertingen nach Eberbach angereist war, erklärte, war vorgesehen, in sechs Ringen je sieben bis acht Tiere aufzutreiben.
Dabei bewerteten die Wertungsrichter deren körperliche Entwicklung, das Fundament, den Ernährungszustand und einiges mehr.

„Es macht halt schon einen Unterschied, ob das Tier auf der Weide oder im Stall gehalten wird“, ergänzte Fachmann Siegfried Heß, der die Schau in Nachfolge seines schon vor einiger Zeit verstorbenen Vaters Kurt maßgeblich organisiert und dabei vor allem von Tochter Melanie tatkräftig unterstützt wird. Damit die „Stadtkinder“ einen näheren Bezug zu den Tieren kriegen, hatte er wieder drei Kühe mit jährlichen Milchleistungen von bis zu 6000 Kilogramm sowie vier Kälbchen mitgebracht. Harlan, Lisan und Harald, allesamt nur wenige Monate alt, durften auch ausgiebig gestreichelt werden. „Die anderen aufgetriebenen Kühe haben noch keinen Namen und geben auch noch keine Milch“, erläuterten Heß und Schmidt. Die seien nämlich alle erst zwischen neun und 30
Monate alt. Milch fließe erst, wenn die Kuh einmal „abgekalbt“ habe. Das sei in der Regel im Alter zwischen 24 und 30 Monaten.
Die Siegerehrung in gewohntem Stil musste heuer ausfallen. Den Erstplatzierten der vier durchgeführten Ringe wurden Preise und Urkunden in die Hände gedrückt. Siegreich waren dabei die Landwirte Arnold Heck aus Limbach-Wagenschwend, Siegfried Heß aus Schönbrunn und zwei Mal Freund-Peter Jungmann GbR aus Spechbach. Alle teilnehmenden Bauern bekamen auch ein „Auftriebsgeld“, da das Vorführen der Tiere mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Ganz begeistert war Bürgermeister Peter Reichert: „Das war super organisiert, ein großes Dankeschön an die Landwirte“, sagte der Mann, der selbst aus einem solchen Haushalt stammt. Es sei heutzutage gar nicht einfach, Teilnehmer zu gewinnen, da viele Bauern zu Hause ihre Tiere gar nicht mehr anbinden würden. Er hofft wie Heß und Schmidt, dass die Schau auch kommendes Jahr stattfindet.
Tier reißt sich los und verletzt Kind
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Mittwoch, 31. August 2022. Von Marcus Deschner

Der fünfte von sechs vorgesehenen Ringen, bei denen die Landwirte die Rinder zur Begutachtung im Kreis führen, lief gerade. Da büxte eines der Tiere aus, wollte sich von seinem sehr erfahrenen Führer losreißen und sprang über die Absperrung aus Seilen in Richtung Sportplatz. Der dort stehende Lautsprecher fiel krachend zu Boden, die fein säuberlich auf einem Biertisch aufgereihten
Pokale ebenfalls. Ganz offensichtlich wütend krachte das Rind gegen den Sportplatzzaun, warf seien Führer um, knickte einen Mast halb um und beschädigte den Kunststoffstoßfänger eines städtischen Dienstwagens. Da es dort nicht mehr weiterging, machte das Rind kehrt, rannte in Richtung Radweg und dort zwischen Zuschauern durch. Ein etwa zehnjähriger gehandycapter Junge wurde dabei in Mitleidenschaft gezogen, zwei in Campingstühlen sitzende Damen umgerissen. Anschließend gab sich das Rindvieh wieder ganz friedlich und ließ sich widerstandslos anbinden.
Groß war die Aufregung bei allen Anwesenden. Rasch waren Sanitäter des Roten Kreuzes zur Stelle. Auch eine Notärztin kam. Schließlich traf noch der Rettungshubschrauber„ Christoph5“ von der
BG-Unfallklinik Ludwigshafen ein. Der konnte jedoch unverrichteter Dinge wieder abfliegen. Dem recht ruhig gebliebenen Bub reichten die Sanitäter Stofftiere und brachten ihn zur Untersuchung
ins örtliche Krankenhaus.
Anmerkung: Bereits nach kurzer Zeit konnte der Junge das Krankenhaus wieder verlassen und besuchte am Abend nochmals das Fest.
Beim Abschied fließen ein paar Tränen
Bernhard „Lungo“ Walter macht die närrische Elf voll und verabschiedet sich emotional von „seiner“ Karaoke-Party im Mostzelt
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Mittwoch, 31. August 2022. Von Peter Bayer

Wenn nach 20 Minuten mehr als 300 Zeltbesucher nicht mehr auf den Bänken sitzen sondern über Stunden hinweg stehen – dann ist Karaoke. Von 19.11 Uhr bis nach Mitternacht bebte auch am Montag einmal mehr das Mostzelt der KG Kuckuck. Dass auf der Bühne dabei die Töne nicht immer richtig getroffen wurden, hätte wohl nur die Juroren von „Deutschland sucht den Superstar“ gestört. Denn schon nach den ersten Tönen wurden die Wagemutigen vorne aus gut 500 Kehlen im und vor dem Zelt lautstark unterstützt.

Wohl kaum bei einer anderen Veranstaltung ist es möglich, dass auf Peter Wackels Ballermann-Hit „Scheiß drauf! Malle ist nur einmal im Jahr“ das Dankeschön für 40 Jahre Flippers folgt, ohne dass die Stimmung abfällt. Neben den offenbar unverzichtbaren nicht ganz jugendfreien Liedern wie zum Beispiel „Layla“, dem Sommerhit 2022, der auf manchen Volksfesten verboten wurde, wurden auch mehr mehrfach ABBA -Hits wie „Mamma Mia“ oder „Dancing Queen“ auf der Bühne angestimmt. Längst hielt es da keinen mehr sitzend auf der Bank, stehen und laut mitsingen war angesagt.
Während Daniel Lorris Can sich fragen musste „Wo war ich die Nacht von Freitag auf Montag?“, machte Helene Fischer bei ihrem atemlosen Zug durch die Nacht auch Station im Mostzelt, wo beim „Herzbeben“ nicht nur durch ihre Venen der Bass floss, sondern dieser im Zelt auch Boden und Körper erbeben ließ. Wer dachte, mehr geht nicht, der wurde schnell positiv vom Gegenteil überzeugt. Mit „Angels“ von Robbie Williams war Pascal Kerling von Beginn an dabei – und durfte auch diesmal nicht fehlen.
Ohne Pause geht es von einem Lied zum nächsten, werden Lungo und seinem Sohn Miron die Zettel mit den Wünschen gereicht, genießen die nächsten Sängerinnen, Sänger oder Gruppen für ein paar Minuten ihren Auftritt im Rampenlicht. Und weil „er sich allein nicht traut“, tauscht Walter kurz die Rolle des Moderators mit der des Interpreten und gibt mit Jan Hammann „Tausend Mal berührt“ von der
Klaus Lage Band zum Besten. Deutsche Lieder sind an diesem Abend in, weiter geht’s mit „Hamma“ von Culcha Candela, auch die „Schwarze Natascha“ und die „Himmelblaue Augen“ kommen nach „Starships“ und der Queen-Hymne „We will rock you“ zum Zug. Vier Stunden sind zu dem Zeitpunkt schon vergangen und noch keine Spur von Müdigkeit ist zu erkennen.


Ganz im Gegenteil. Mit „Altes Fieber“, (das immer kommt, wenn wir zusammen sind) von den Toten Hosen bringen Yvonne und Katha, unterstützt von allen im Zelt, die Stimmung kurz vor Mitternacht noch einmal auf den Höhepunkt. Und dann wird Rada rada radadada mit „Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen“ von Henry Valentino und Uschi von den jungen Karaoke-Sängern ein 45 Jahre alter Song ausgepackt, textsicher – dank Teleprompter? – vorgetragen. Dass auch Songs mit politischem Inhalt kein Tabu sind, beweisen Daniyal und Co. mit (Deine Gewalt ist nur ein stummer) „Schrei nach Liebe“ der Punkrock-Band Die Ärzte, die sich darin gegen Neonazis richten.
Doch auf dem Höhepunkt der Stimmung kurz nach Mitternacht, bemühte sich Bernhard Walter, der abgesehen von einer kleinen Pause, fast fünf durchgemacht hatte, um Ruhe. Denn alles hat ein
Ende – auch Lungo’s Karaoke-Party. Zumindest für den Namensgeber. „Ihm kommen langsam die Tränen“, stellte sein Sohn Miron fest, der mit ihm gemeinsam die Party managte. Nicht ohne Grund. „Ich sing jetzt mal ein Lied und geh’ dann raus“, kündigte Lungo nach zwölf Karaoke-Partys seinen Abschied von der Bühne des Mostzelts an. Mit dem ABBA Hit „Thank you for the music“ endete für Bernhard Walter, den meisten als „der Lungo“ bekannt, seine elfte Karaoke- Party – nur 2018 musste er wegen Krankheit passen. Doch für den Urmel-Fastnachter wurde es dadurch passend die
närrische Zahl elf. Lungo ging, begleitet vom Beifall der Festbesucher, doch mit „Hulapalu“ von Andreas Gabalier ging mit seinem Nachfolger DJ Miron G. die Party weiter.
Wie kam’s zur Karaoke-Party?
Der Zufall half kräftig mit
Eberbacher Zeitung / Rhein Neckar Zeitung vom Mittwoch, 31. August 2022. Von Peter Bayer

Erstmals im Jahr 2009 hieß es „Lungo’s Karaoke Party“. Nicht etwa weil er so ein begnadeter Sänger wäre. „Ich habe nur einmal selbst gesungen – in einem Anfall von Melancholie“, erinnert er sich. Wann genau das war, weiß er nicht mehr. Es war an einem 31. August, als der damalige Bürgermeister Bernhard Martin „Es war ein schöner Tag, der letzte im August“ aus Peter Maffays „Und es war Sommer“ anstimmte. Lungo ließ sich inspirieren und wechselte vom Moderatorenplatz auf die Bühne. Der Applaus war ihm sicher. „Aber eher aus Mitleid, weniger wegen meines Gesangstalents“, schätzt er. Die Zusammenarbeit zwischen den Kuckucken und dem Urmel Bernhard Walter war eher Zufällen geschuldet. „Ich hatte einen DJ-Job bei einer Hochzeit, die wollten damals unbedingt Karaoke“, erinnert sich Lungo. Auch bei der folgenden Hochzeit war dies der Fall. Markus Scheurich, der stellvertretende Vorsitzenden der Kuckucke, suchte gerade noch einen Programmpunkt für Montag- oder Dienstagabend im Mostzelt. Gesucht – gefunden: „Lass es uns probieren“, beschlossen beide. Die Zweifel, die beide kurz vor der Premiere überkamen, stellten sich als unbegründet heraus. Eine Erfolgsgeschichte hatte begonnen.